Warum die Zen-Gärten verwelken

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An einem Tag in der Provinz Mino beobachtete ich eine Zikade, die ihre Haut im den Schatten. Es gelang ihr, ihren Kopf zu befreien, und dann kamen nacheinander ihre Hände und Füße nacheinander heraus. Nur der linke Flügel blieb drinnen, der noch an der alten Haut hing. Es sah nicht so aus, als würde es diesen Flügel jemals den Flügel loszuwerden. Als ich sah, wie es sich abmühte, sich zu befreien, wurde ich von Mitleid bewegt, ihm mit meinem Fingernagel zu helfen. Ausgezeichnet, dachte ich, jetzt bist du frei und kannst deinen Weg fortsetzen. Aber der Flügel, den ich berührt hatte blieb geschlossen und ließ sich nicht öffnen. Diese Zikade konnte nie fliegen wie sie es hätte tun sollen. Als ich sie ansah, schämte ich mich für mich selbst und bereute was ich getan hatte.

Wenn man darüber nachdenkt, handeln heutige Zen-Lehrer auf ähnliche Weise, wenn sie ihre Schüler anleiten. Ich habe gesehen und gehört, wie sie junge Menschen mit außergewöhnlichem  Talent – die dazu bestimmt sind, die Säulen und Pfeiler unserer Schule zu werden – mit ihren äußerst unklugen und unpassenden Methoden zu etwas Halbgarem und Unerreichtem machen. Dies ist eine direkte Ursache für den Niedergang unserer Zen-Schule, der Grund, warum die Zen-Gärten verwelken.

Hakuin Ekaku  (1686 – 1769) in einem Brief an den Laien Kokan

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Die Wahrheit offenbart sich in ihrer ewigen Ruhe

Foto: © wak

Verweilend bei dem Nichtbesonderen,
das im Besonderen ist,
Weggehend oder zurückkehrend,
bleiben sie stets unbewegt.

Den Nichtgedanken erfassend,
der in den Gedanken liegt,
Hören sie die Stimme der Wahrheit
in jeder ihrer Taten.
Wie unbegrenzt ist der Himmel der Beschaulichkeit!
Wie durchsichtig das Mondlicht der vierfachen Weisheit!
Insofern die Wahrheit sich in ihrer ewigen Ruhe offenbart,
Ist diese selbe Erde das Lotosland der Reinheit
Und dieser Körper der Körper des Buddha.

Hakuin Ekaku (1685 – 1768)

Den Urgrund deines eigenen Geistes erfahren

Foto: © wak
Wenn du nur einmal den Urgrund
deines eigenen Geistes
erfahren hast,
dann lösen sich für dich
mit einem Mal
zahllose Irrtümer auf.
Diese Selbst-Wesensschau
ebnet dir
den Weg zu deinem wahren Zuhause.
Hakuin Zenji (1686 – 1769)

Der Weg zum wahren Zuhause

Wenn du nur einmal den Urgrund
deines eigenen Geistes
erfahren hast,
dann lösen sich für dich
mit einem Mal
zahllose Irrtümer auf.
Diese Selbst-Wesensschau
ebnet dir
den Weg zu deinem wahren Zuhause.

Hakuin Zenji (1686 – 1769)

Einheit aller Dinge

Gerade lese ich eine Biografie Buddhas von Thich Nhat Hanh. Dort zitiert er Buddha mit dem Satz „die Quelle eines Dings sind alle Dinge“. In diesem kurzen Ausspruch ist die ganze Wahrheit und Schönheit der Existenz enthalten, die in einem ständig bewegten Netzwerk der Abhängigkeit und Verbindung von allem mit allem tanzt. Nichts existiert aus sich selbst heraus. Jeder kleinste Kiesel, jedes Kunstwerk, jedes lebende Wesen, jedes Blatt, jeder Stern steht in Beziehung zu allem, ist in seiner Entstehung abhängig von allem und in seinem Dasein verwoben mit allem. So ist in jedem Grashalm die Sonne, der Wind, der Regen, die Erde, die Mineralien, die Tiere, das ganze Universum enthalten. Die meisten Menschen sind sich dessen nicht bewusst, und die Unbewusstheit, die Unwissenheit ist die tiefste Wurzel des Leidens. Sie führt zur Abgrenzung zu „ich und der Rest der Welt“, führt zu Gier und Hass, zu Eifersucht und Neid mit allen ihren Folgen im Kleinen wie im Großen.

Im Bewusstsein der Einheit aller Dinge, der Vernetztheit aller Dinge, der Abhängigkeit und Unbeständigkeit aller Dinge, Wesen und Phänomene zu leben, heißt in Freude, Dankbarkeit und Staunen zu leben. Und wenn wir in dieser Bewusstheit von Moment zu Moment leben, dann verstehen wir tiefer und tiefer die Soheit der Dinge und Wesen und die Buddhanatur in allem. Dies ist kein intellektuelles, sondern existentielles Verstehen – eine Reise ohne Ende. Und wenn wir in diesem Bewusstsein und Verstehen leben, können wir nicht anders als in Mitgefühl und Liebe sein. Das ist die Einheit von Weisheit und Mitgefühl. Wenn wir in dieser Bewusstheit, Achtsamkeit und Mitgefühl leben, dann ist Frieden und Gerechtigkeit keine Frage von Regeln oder Moral oder Politik mehr, sondern Essenz des Lebens – dann leben wir in Harmonie mit dem Ganzen. Und dein Herz tanzt mit der Existenz. Dieses Aufblühen in Erkennen, in Meditation ist die spirituelle Revolution, die die einzig wahre Revolution auch auf der Erde möglich macht: „diese Erde – das Lotusparadies“, wie Hakuin sagt. Nur so ist ein Ende des Krieges, ein Ende des Hasses, ein Ende des Leidens möglich.

Pyar Rauch (*1960)

Der Körper Buddhas

Sie verweilen in dem Nicht-besonderen, das im Besonderen ist.
Ob sie kommen oder gehen, sie bleiben immer unbewegt.
Sie erfassen den Nicht-Gedanken, der in den Gedanken liegt.
Sie hören in jeder ihrer Handlungen die Stimme der Wahrheit.
Wie unbegrenzt ist der Himmel der Kontemplation,
Wie durchsichtig das Mondlicht der vierfachen Weisheit!
Wenn die Wahrheit sich in ihrer ewigen Ruhe offenbart,
Ist sogar diese Erde das reine Land des Lotos
Und dieser Körper der Körper Buddhas.

Hakuin (1686 – 1768) über jene, die das Ideal des Zen verwirklicht haben

Das Nahe nicht sehen

Wie traurig,
dass die Menschen
das Nahe nicht sehen
und die Wahrheit
in der Ferne vermuten –
wie jemand,
der umgeben von Wasser,
laut aufschreit vor Durst –
wie ein Kind aus reichem Hause,
das unter den Armen wandelt

Hakuin Zenji, auch Hakuin Ekaku (1686-1769)

Die Quelle eines Dings sind alle Dinge

Gerade lese ich eine Biografie Buddhas von Thich Nhat Hanh. Dort zitiert er Buddha mit dem Satz „die Quelle eines Dings sind alle Dinge“. In diesem kurzen Ausspruch ist die ganze Wahrheit und Schönheit der Existenz enthalten, die in einem ständig bewegten Netzwerk der Abhängigkeit und Verbindung von allem mit allem tanzt. Nichts existiert aus sich selbst heraus. Jeder kleinste Kiesel, jedes Kunstwerk, jedes lebende Wesen, jedes Blatt, jeder Stern steht in Beziehung zu allem, ist in seiner Entstehung abhängig von allem und in seinem Dasein verwoben mit allem. So ist in jedem Grashalm die Sonne, der Wind, der Regen, die Erde, die Mineralien, die Tiere, das ganze Universum enthalten. Die meisten Menschen sind sich dessen nicht bewusst, und die Unbewusstheit, die Unwissenheit ist die tiefste Wurzel des Leidens. Sie führt zur Abgrenzung zu „ich und der Rest der Welt“, führt zu Gier und Hass, zu Eifersucht und Neid mit allen ihren Folgen im Kleinen wie im Großen.

Im Bewusstsein der Einheit aller Dinge, der Vernetztheit aller Dinge, der Abhängigkeit und Unbeständigkeit aller Dinge, Wesen und Phänomene zu leben, heißt in Freude, Dankbarkeit und Staunen zu leben. Und wenn wir in dieser Bewusstheit von Moment zu Moment leben, dann verstehen wir tiefer und tiefer die Soheit der Dinge und Wesen und die Buddhanatur in allem. Dies ist kein intellektuelles, sondern existentielles Verstehen – eine Reise ohne Ende. Und wenn wir in diesem Bewusstsein und Verstehen leben, können wir nicht anders als in Mitgefühl und Liebe sein. Das ist die Einheit von Weisheit und Mitgefühl. Wenn wir in dieser Bewusstheit, Achtsamkeit und Mitgefühl leben, dann ist Frieden und Gerechtigkeit keine Frage von Regeln oder Moral oder Politik mehr, sondern Essenz des Lebens – dann leben wir in Harmonie mit dem Ganzen. Und dein Herz tanzt mit der Existenz. Dieses Aufblühen in Erkennen, in Meditation ist die spirituelle Revolution, die die einzig wahre Revolution auch auf der Erde möglich macht: „diese Erde – das Lotusparadies“, wie Hakuin sagt. Nur so ist ein Ende des Krieges, ein Ende des Hasses, ein Ende des Leidens möglich.

Pyar