Joseph Beuys – Magie, Mystik, Mythos: Teil I – Wer war Joseph Beuys? Ein erster (persönlich gefärbter) Überblick

I. Wer war Joseph Beuys?

 Ein erster (persönlich gefärbter) Überblick

„Ja Ja Ja Ja Ja Ne Ne Ne Ne Ne Ja Ja Ja Ja Ja Ne Ne Ne Ne Ne Ja Ja Ja Ja Ja Ne Ne Ne Ne Ne Ja Ja Ja Ja Ja Ne Ne Ne Ne Ne …“ – So könnte es nun gut eine Stunde und knapp fünf Minuten weitergehen, hörte man seine Aktion aus dem Jahr 1968 bis zum Ende. Und so ist auch die Reaktion von Menschen, wenn sie den Namen Beuys nur hören. Grenzenlose Begeisterung steht da beispielsweise gegen massive Abneigung. Doch vor allem hört man bei dieser Aktion deutlich sein niederrheinisches Idiom, eine landschaftlich geprägte sprachliche Klangfärbung, die erinnerlich bleibt. Ich denke, nicht nur mir.

Mir selbst erinnerlich vor allem durch meinen eigenen biographischen Hintergrund. Meine Urgroßeltern kamen aus den niederrheinischen Orten Xanten und Emmerich, ein paar Jahre meines Lebens habe ich in Kevelaer verbracht, also nicht so weit weg von Kleve…

Am Kinderbett von Joseph Beuys habe ich gestanden, als es noch auf dem Hof von Leni van Heukelum stand, einer ebenso beseelten wie emsigen Sammlerin, die ich mit einer guten Bekannten besuchte, die aus dem benachbarten Donsbrüggen stammte. Mittlerweile ist es als Exponat im Museum Kurhaus Kleve zu besichtigen.

Und noch eine Erinnerung gibt es. Denn es war Joseph Beuys, der Franz-Joseph van der Grinten eine Anstellung als Kunsterzieher am Gelsenkirchener Grillogymnasium vermittelt hatte. War der und sein Bruder Hans eng mit Beuys verbunden, war van der Grinten dort kurze Zeit mein Kunstlehrer. Und später hat der Beuys-Schüler Johannes Stüttgen an dem gleichen Gymnasium ebenfalls Kunst unterrichtet. Dass es seit 1977 in Gelsenkirchen eine von ihm gegründete Zweigstelle der FIU gab, der Freien Internationalen Universität, habe ich – damals am Niederrhein wohnend – erst später mitbekommen.

Und dann ist da noch das Schloss Moyland, in dem die Brüder van der Grinten viele Jahre später – zusammen mit anderen – einen Erinnerungsort für Beuys geschaffen haben. Ich kannte es noch als Ruine aus der Zeit lange vor der Restaurierung. Damals war eher davon die Rede, dass Voltaire im September 1740 hier zu Gast war und philosophisch mit Friedrich dem Großen parlierte – oder von den Verstrickungen eines alten Schlossherren in den Nationalsozialismus….

Das soll an persönlichen Eindrücken erst einmal ausreichen, doch zurück zu Beuys. Hier zunächst ein paar Eckpunkte seiner Biographie mit Daten, wie sie hier und dort übermittelt werden, auf die allerdings an anderer Stelle noch ausführlicher einzugehen ist. „Lebendiges Museum online“ bietet diese an:

    • 1921: 12. Mai: Joseph Beuys wird in Krefeld als Sohn eines Kaufmanns geboren.
    • 1927-1932: Besuch der Volksschule in Kleve
    • 1932-1940: Staatliches Gymnasium (ab 1936 Oberschule) Kleve; Beuys bleibt ohne Schulabschluss.
    • Frühjahr 1941: Beuys meldet sich freiwillig zur Luftwaffe und verpflichtet sich für 12 Jahre als Berufssoldat. Aufgrund einer Rot-Grün-Blindheit kann er nicht, wie erhofft, Pilot werden, sondern wird zum Bordfunker und Bordschützen ausgebildet.
    • 1944: Während eines Kriegseinsatzes auf der Krim stürzt Beuys Maschine bei schlechtem Wetter ab, Beuys liegt leicht verletzt drei Wochen in einem Feldlazarett. Später erzählt er, er sei schwer verletzt worden, etwa am Kopf, und Tataren hätten ihn mit Filz gewärmt, seine Wunden mit Fett behandelt und ihm so das Leben gerettet. Mit Beuys wachsendem Ruhm als Künstler wird diese Geschichte zum Mythos und erklärt angeblich, warum Filz und Fett zwei zentrale Materialien sind, mit denen Beuys arbeitet und warum er stets einen Hut trägt.
    • 1945: Bei Kriegsende gerät Beuys in britische Kriegsgefangenschaft. Anfang August wird er entlassen und kehrt nach Kleve zurück. Dort lernt er beim Maler Hanns Lamers und dem Bildhauer Walther Brüx.
    • 1946-1955: Mitglied im Niederrheinischen Künstlerbund Kleve. Beteiligungen an regionalen Gruppenausstellungen.
    • 1946-1952: Studium der Malerei und der Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf bei Josef Enseling, später Meisterschüler von Ewald Mataré.
    • 1953: Erste Einzelausstellung von Skulpturen und Zeichnungen in Kranenburg und in Wuppertal.
    • 1957: Zur Genesung von seinen Depressionen, die ihn infolge seiner Kriegserlebnisse plagen, hält sich Beuys länger in Kranenburg auf.
    • 1959: Heirat mit der Kunsterzieherin Eva Wurmbach. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor.
    • 1961-1972: Professur an der Kunstakademie Düsseldorf.
    • seit 1964: Beteiligung an jeder documenta, einer Ausstellung für zeitgenössische Kunst, die seit 1955 regelmäßig in Kassel stattfindet.
    • 1965: Erste Galerieausstellung bei Alfred Schmela in Düsseldorf.
    • 1967: 20 Tage nach der Protestkundgebung gegen den Besuch des Schahs in Berlin, bei der der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde, gründet Beuys als Reaktion darauf die „Deutsche Studentenpartei“. Ziel der Partei ist die Autonomie der Hochschule und ein demokratisches Aufnahmeverfahren der Studenten ohne Prüfung eingereichter Mappen mit eigenen Arbeiten.
    • 1970: Gründung der „Organisation der Nichtwähler, Freie Volksabstimmung“. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt stellt das umfassende Gesamtwerk aus Zeichnungen, plastischen Bildern und vielteiligen Rauminstallationen, den sogenannten „Beuys Block“, aus.
    • 1971: Gründer der „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“. Oktober: Beuys nimmt alle Studienbewerber, auch die abgewiesenen, in seine Klasse auf. Beuys und seine Studenten besetzen erstmals das Sekretariat der Kunstakademie Düsseldorf.
    • 1972: 30. Juni-8. Oktober: Auf der documenta 5 in Kassel stellt Beuys ein Büro seiner „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“ aus. Beuys ist bis zum Ende der documenta jeden der 100 Tage in diesem Büro anwesend.
    • 1972: 10. Oktober: Beuys besetzt mit abgewiesenen Bewerbern für das Kunststudium erneut das Sekretaritat der Kunstakademie Düsseldorf. Noch am gleichen Tag schickt ihm der Minister für Wissenschaft und Forschung, Johannes Rau, die fristlose Kündigung zu. In einem offenen Brief protestieren Künstler wie Heinrich Böll, Peter Handke (geb. 1942), Uwe Johnson, Martin Walser und Gerhard Richter gegen die Entlassung. Beuys klagt gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen der fristlosen Kündigung.
    • 1973: Gründung der „Freien Internationalen Hochschule für Kreativität und interdisziplinäre Forschung“.
    • 1976: Ausstellungsbeiträge zur Biennale in Venedig und zur Zeitgeistausstellung in Berlin.
    • 1978: Abschluss des Rechtsstreits bezüglich der Professur an der Kunstakademie Düsseldorf. Beuys bekommt Recht, die fristlose Kündigung von 1972 wird für rechtswidrig erklärt. Es wird ein Kompromiss ausgehandelt: Beuys behält den Professorentitel und das Nutzungsrecht für das Atelier. Gastprofessur an der Wiener Hochschule für Angewandte Kunst.
    • 1979: Retrospektive im New Yorker Guggenheim-Museum. Kandidatur für das Europaparlament.
    • 1980: Gastprofessur an der Frankfurter Städel-Schule. Kandidatur für den nordrhein-westfälischen Landtag als Vertreter der Grünen.
    • 1984: Beuys-Ausstellung im Tokioter Seibu-Museum.
    • 1985: Ausstellung „Kreuz und Zeichen – Religiöse Grundlagen im Werk von J.B“. Teilnahme an der Eröffnung der Londoner Ausstellung „German Art in the Twentieth Century Painting and Sculpture 1905-1985“.
    • 1986: 23. Januar: Joseph Beuys stirbt in Düsseldorf nach einer seltenen Entzündung des Lungengewebes an Herzversagen.

Quelle: Tschierschke, Anja/Zündorf, Irmgard/Würz, Markus: Joseph Beuys, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografien/joseph-beuys.html

 

Wer war dieser Künstler, der sich nicht nur für Kunst sondern auch für Mythologie, Alchemie, Schamanismus, Anthroposophie und keltische Traditionen interessierte?  der die Kunst aus dem akademischen Elfenbeinturm hinaus in die politische und gesellschaftliche Debatte führte?

Es sind für mich vor allem drei Begriffe an die ich denke, wenn ich Joseph Beuys und sein Werk vor mir sehe: Magie, Mystik und Mythos. Um sie wird es in dieser kleinen Serie nachfolgend gehen.

Werner A. Krebber

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Such Gott nicht in der Ferne

Foto: © wak

Such Gott nicht in der Ferne, nein!
Im Herzen hat die Wohnstatt Er
Gib ganz und gar dein Du-Sein auf
Dann leuchtet Er im Herzen auf!

Yunus Emre (um 1240 – um 1321)

Begraben liegt Emre in der Gelsenkirchener Partnerstadt Büyükçekmece im europäischen Teil von Istanbul

 

Profil geändert

Das Profil erweitert habe ich aktuell auf meiner journalistischen Seite https://wernerkrebber.wordpress.com.

Als „Untertitel“ ist dort nun zu lesen:

Autor, Blogger, Journalist, Säkularer Seelsorger

Die Veränderung folgt einer Ent-wicklung, die sich schon seit längerem abzeichnete – und noch nicht am Ende ist.

Das vollständige aktualisierte Profil können Sie mit Contact und Vita hier lesen:

https://wernerkrebber.wordpress.com/contact-und-vita/

Zwischendurch: Ich bin Ihr ZuHörer

ZuHoerer_ErinnerungScreenshot

„Zwei offene Ohren“ – Die Seite Ihres ZuHoerers Werner A. Krebber

 

Mehr hier:

https://zweioffeneohren.wordpress.com/

Alte Kirchen – neue Inhalte?

neueinhalte

Martin Schneider über die neue Nutzung alter Kirchen in Gelsenkirchen

in der „Süddeutschen“ vom 14. März 2015

Es ist ein Kreuz mit alten Kirchen. In Gelsenkirchen sogar Heilig-Kreuz (und Sankt Georg). Zwei Kirchen, deren ursprünglicher Sinn, darin Messe zu feiern etc. ad acta gelegt wurde. Und was für Kirchen!

http://de.wikipedia.org/wiki/Heilig_Kreuz_%28Gelsenkirchen%29

http://www.lwl.org/kulturatlas/Panorama?0=182625

http://de.wikipedia.org/wiki/St.-Georgs-Kirche_%28Gelsenkirchen%29

Dabei geht es nicht nur darum, dass sakrale Räume aufgegeben und einer neuen Nutzung zugeführt werden.  Die mag so sinnvoll sein wie immer sie will. Genannt werden für die Aufgabe von Gebäuden mit sinnstiftender Funktion immer finanzielle Gründe, die hier z.B. das Bistum Essen dazu bewegen. Und dieses Bistum steht da nicht allein – es ist bundesweit so zur Devise geworden: Was sich nicht „rechnet“ muss weg.

Tragisch daran ist, dass Menschen ein Stück Heimat, ein Ort der Begegnung – mit Gott und mit Menschen, ein Zuhause, ein Stück Sicherheit etc. genommen wird. Menschen, die in diesen Kirchen zum Teil alt geworden sind. Sie werden allein gelassen von einer Institution, deren eigentliche Aufgabe es ist (oder war?), Sinn zu stiften. Aus einer vorgeschobenen finanziellen Notwendigkeit wird so ein pastorales Desaster mit einer nicht nur „metaphysischen“ Heimatlosigkeit. Und ein Stück mehr Kulturverlust.