Die mystische Theologie führt zum Leerwerden und ins Schweigen, worin uns die Schau des unsichtbaren Gottes zuteil wird.
Die absolute Wahrheit ist nicht begreiflich. Wenn man daher auf irgendeine Weise zu ihr gelangen soll, ist es notwendig, dass dies durch eine unbegreifliche Einsicht gleichsam auf dem Weg einer Entrückung im Augenblick geschieht. So wie wir mit unserem leiblichen Auge die Klarheit der Sonne auf unbegreifliche Weise nur für einen Augenblick schauen können. Das ist nicht deshalb so, weil die Sonne nicht am allermeisten sichtbar wäre, wenn sie ihr Licht mit der ihr eigenen Kraft ins Auge dringen lässt, sondern weil sie wegen ihrer außerordentlichen Sichtbarkeit begreiflicherweise unsichtbar ist. Ebenso ist Gott, der die Wahrheit ist, die der Gegenstand der Einsicht ist, am meisten einsichtig und wegen seiner überragenden Einsichtigkeit uneinsichtig.
Daher bleibt allein die wissende Unwissenheit oder die begreifliche Unbegreiflichkeit der wahre und eigentliche Weg, um diese zu übersteigen.
Nikolaus von Kues (1401 – 1464) in seiner „Verteidigung der wissenden Unwissenheit“