Eigenschaften des einsamen Vogels

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Der einsame Vogel hat fünf Eigenschaften:
die erste, dass er zum höchsten Punkt fliegt;
die zweite, dass er keine Gesellschaft erträgt,
auch wenn sie von seiner Art ist;
die dritte, dass den Schnabel in den Wind hält;
die vierte, dass er keine bestimmte Farbe hat;
die fünfte, dass er sehr leise singt.

Johannes vom Kreuz (1541-1591) in „Worte von Licht und Liebe“

Sieht Gott, schaut Gott, liebt Gott

Umschlag der „Offenbarungen der göttlichen Liebe“ / Archiv

… Die Wahrheit sieht Gott, und die Weisheit sieht Gott, und von diesen beiden kommt das dritte, nämlich eine heilige, wunderbare Freude an Gott, die Liebe ist. Wo Wahrheit und Weisheit wahrhaftig sind, da ist auch die Liebe wahrhaftig, die aus beiden hervorgeht. Und alles ist von Gott gemacht; denn er ist die unendliche souveräne Wahrheit, die unendliche souveräne Weisheit, die unendliche souveräne Liebe, die nicht gemacht ist; und die Seele des Menschen ist ein Geschöpf in Gott, das dieselben Eigenschaften hat, die gemacht sind, und das immerfort das tut, wozu es gemacht ist: es sieht Gott, es schaut Gott, und es liebt Gott. Daran erfreut sich Gott in der Kreatur, und die Kreatur in Gott, indem sie unendlich staunt.

Juliana von Norwich (* um 1342 – nach 1413) in „Offenbarungen der göttlichen Liebe. 1373. Hier: Kapitel 44

Zum Ufer höchster Wirklichkeit weisen

Lama Anagarika Govinda, Religiöse Monumente (Chorten)
von Nenying Gompa, Zentral-Tibet, Pastell

Jeder Teil des Chorten entspricht einer besonderen Stufe auf dem Weg zur Erleuchtung, sodaß das ganze Gebäude zu einem plastischen Mandala (einem mystischen Diagramm) der Meditation wird. Und so wie jede Stufe einer bestimmten Phase in der geistigen Entwicklung des Individuums entspricht, so entsprechen die fundamentalen Formen der Architektur den elementaren Prinzipien des Universums.
Die kubischen Formen der Basis stellen die „Erde“ dar, oder das Prinzip der Trägheit, des Widerstandes, der Unbeweglichkeit und Festheit. Der spährische, topf- oder glockenförmige Mittelteil stellt das Element „Wasser“ dar oder den Aggregatzustand des Flüssigen. Der kegelförmige Aufsatz, der auf einer altarähnichen Struktur ruht, entspricht dem „Feuer“ oder dem Elementarprinzips des Brennens oder der Hitze; und der Schirm über dem Kegel symbolisiert das Element „Luft“ oder den gasförmigen Aggregatzustand, Bewegung (Wind) und Ausdehnungsendenz, während das den Bau krönende Juwel „Äther“ oder das Prinzip der Ausstrahlung darstellt.
Jedes dieser Prinzipien hat sein Gegenstück in den physischen und psychischen Eigenschaften des Menschen. Die Chorten sind somit Monumente des Sieges des Geistes über die Materie; sie sind Leuchttürme des Geistes, die allen denen, die im Ozean von Geburt und Tod umherirren, den Weg zum „anderen Ufer“ weisen, zum Ufer höchster Wirklichkeit.

Bilder aus Indien und Tibet von Lama Anagarika Govinda
Religiöse Monumente (Chorten) von Nenying Gompa, Zentral-Tibet

Der vollständige Beitrag kann hier nachgelesen werden:

Magische Blätter. CIII. Jahrgang, Herbst 2022
Thema: Naturphilosophie

Herausgeber: Verlag Magische Blätter, Ronnenberg
Schriftleitung: Organisation zur Umwandlung des Kinos

https://verlagmagischeblaetter.eu/publikationsreihe/monatsschrift-magische-bl%C3%A4tter

BESTELLEN: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu subjekt: BESTELLEN MAGISCHE BLÄTTER BUCH XI

Das heilige Erlebnis vor dem Zerreden des Mysteriums schützen

Das mystische Erleben der „anderen Wirklichkeit“ tut sich in Tausenden von Werken religiöser Literatur, der Dichtung und der bildenden Kunst kund. Allein das Zeugnis dieser stupenden Schaffenskraft sollte uns von der Wirklichkeit und Bedeutung des zugrunde liegenden Erlebens überzeugen. Dieses ist „mystisch“, nicht weil es dunkel und verschwommen ist, sondern weil es direkt, unvermittelt, spontan – und darum nicht dem urteilenden Intellekt zugänglich ist. Der Myste des Altertums (ebenso wie der des alten Tibet) war nicht ein Schwärmer, sondern ein Eingeweihter, ein Wissender, ein durch Erfahrungen und Prüfungen Gegangener, einer, dessen Lippen verschlossen waren, nicht um ein Geheimnis zu hüten, sondern um das heilige Erlebnis vor der Profanisierung zu schützen, vor der intellektuellen Neugierde, vor dem Zerreden des Mysteriums. Denn nur durch Kontemplation, Meditation und Selbsthingabe kann dieses Wissen erworben werden. In dem Maße aber, in dem die Selbsthingabe verwirklicht wird, wächst dieses Wissen über die Grenzen des Persönlichkeitscharakters und der individuellen Beschränkungen und die sie bedingenden psychologischen Fakten hinaus. Da nach buddhistischer Auffassung – insbesondere nach der der Vijnanavadins – unser Tiefenbewusstsein das Reservoir universeller Erfahrung ist, so wie unser individuelles Gedächtnis das Behältnis unserer persönlichen Erfahrung – so ergibt sich die Möglichkeit, im Zustande der Versenkung oder Verinnerlichung, d. h. nach Ausschaltung des intellektuellen, nach außen gerichteten Oberflächenbewusstseins, Wissensinhalte zutage zu fördern, die weder in diesem individuellen Leben erworben noch durch „persönliche“ Erfahrungen oder Charaktereigenschaften bedingt sind. Die Aussagen der modernen Tiefenpsychologie, die dem „Unbewussten“, d.h. dem Tiefenbewusstsein, die gleichen Eigenschaften zuerkennt wie der Buddhist dem „Schatzkammerbewusstsein“ (alaya-vijnana), sind ein weiterer Beleg für die Berechtigung dieser Anschauung.

Anagarika Govinda (1898 – 1985) auf die Frage „Gibt es ein mystisches Erleben der ‚anderen Wirklichkeit‘? Wie verhält es sich mit der meditativen Erfahrung? Kann die Versenkung des Menschen in sein eigenes Selbst mehr zutage fördern als die sein Wesen und seinen Charakter bestimmenden psychologischen Fakten? In: die antwort der religionen. eine umfrage mit 31 fragen von Gerhard Szczesny bei „glaubensfachleuten“ der großen bekenntnisgemeinschaften. München 1964 / Reinbek bei Hamburg 1971, S. 74

Das Bild „Mandala (Der heilige Kreis)“ erschien hier: Lama Anagarika Govinda – Schöpferische Meditation und Multidimensionales Bewusstsein, 178 f., Aurum-Verlag, Breisgau, 1977. Jetzt aktuell nachzulesen in: Magische Blätter. Monatsschrift für geistige Lebensgestaltung.CI. Jahrgang, Juni 2020, Heft 5, S. 162 https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Liebesfeuer der Erkenntnis

Foto: (c) wak

Alle echten Religionen in ihrem Reinheitszustande, alle wirklich Wissenden meinten geistige Erkenntnis. Taoismus meinte Erkenntnis durch selbstlos unbeschwerte Übereinstimmung mit dem Ganzen. Buddhismus meinte Erkenntnis durch Erbarmen und Loslösung. Christentum meinte Erkenntnis durch das dank der Liebe in der Seele erwachte Himmelreich. Die Apolliniker Sokrates und Platon meinten Erkenntnis durch Schönheit und Güte. Die Kabbalisten und Chassidim meinten Erkenntnis durch Betrachtung und anbetende Bewunderung der Hypostasen oder Eigenschaften Gottes. Bô Yin Râ lehrte liebende Erkenntnis durch richtige Vorstellungen, Selbstvertrauen und entsprechende Lebensführung. So machte er dem Erdenmenschen den eigenen Lebensgrund erfahrbar, als Religion an sich.

Alle meinen das gleiche: Erlösung durch das Liebesfeuer der Erkenntnis.

Aus: Symbolform und Wirklichkeit in den Bildern des Malers Bô Yin Râ von Rolf Schott

MAGISCHE BLÄTTER


CII. Jahrgang, HERBST 2021, Heft 8, August 2021

Thema: MUSIK

https://verlagmagischeblaetter.eu/monatsschrift/magische-blaetter

Bestellt werden können die Magischen Blätter hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Dynamik der Liebe

Die Eine untrennbare Wirklichkeit ist namenlos und enthält in sich alle Namen zugleich – immanent und transzendent. Absolut gesehen ist sie eigenschaftslos. Drückt sich die Eine Wirklichkeit in Klang, Farbe und Form aus, vibriert sie in Milliarden von unterschiedlichen Eigenschaften, in untrennbarer Einheit. Die Natur der einen Wirklichkeit ist grundsätzlich egolos. Universen, Galaxien, Sonne und Mond, alle Planeten und Wesen, alle Pflanzen und Tiere sowie alle Menschen sind untrennbar Teil dieser einen Wirklichkeit. Es ist allein die Dynamik der Liebe, die den Tanz aller Frequenzen ermöglicht. Die ganze Welt, alle Universen – vom Größten bis zum Allerkleinsten – vibrieren in absoluter Stille in und durch sie als die eine untrennbare Wirklichkeit.

Annette Kaiser (*1948)

Innere Dimension / Sufi-Mystik und Doing Nothing / 27. Oktober 2019 in Köln – Herzliche Einladung

Man fragte ihn, an welchen Zeichen man die Heiligen Gottes unter den Menschen erkenne? Er sagte: an der Anmut der Zunge, an schönen Eigenschaften, an frischem Gesichte, an der Liberalität der Seele, und an der Bereitwilligkeit Entschuldigungen anzunehmen.

Ebu Abdallah es-Salimi (um 870)

 

„Der Sufismus ist die innere Dimension des Islam; aber er hat, wie jede mystische Strömung einer Weltreligion,  ungezählte Facetten,“ betont Annemarie Schimmel, die sich zeitlebens mit den vielschichtigen Aspekten des Islam beschäftigt hat.

„Wenn man ihn beschreiben will, steht man bald vor einem blühenden Garten mit duftenden Rosen und klagenden Nachtigallen, die zu Symbolen für die göttliche Schönheit und die Sehnsucht der Seele werden, bald vor einer Wüste theoretischer, dem Uneingeweihten kaum verständlicher Abhandlungen in überaus kompliziertem Arabisch; dann wieder leuchten die eisigen Gipfel der höchsten theosophischen Weisheit in der Ferne auf…“

Sufis geht es nicht um abstraktes, theoretisches Wissen. Sie wollen den inneren Sinn der Worte erfassen.  Dieser tiefere Sinn, quasi zwischen den Zeilen des geschriebenen Wortes, öffnet ihnen den Pfad für die eigene existentielle Erfahrung.

Was also ist Sufismus? Ist er ein Weg zur höchsten Erkenntnis, ein Pfad der Liebe, ein Weg des Herzens?

Diesen und anderen Fragen um die mystische Dimension des Islam wollen wir am 27. Oktober nachgehen und sehen,  was uns seine Mystikerinnen und Mystiker für unseren eigenen spirituellen Weg sagen können.

Wer nur Interesse hat zum Doing Nothing zu kommen, ist herzlich eingeladen erst um 12:30 dazu zu kommen.

Organisatorisches:
Damit wir besser planen können, bitten wir um frühzeitige Anmeldung bei
Werner A. Krebber: Fon / AB 0209 / 20 56 95  am besten aber über Email: werner.krebber@web.de

Adresse der Veranstaltung: Rolandswerther Str 14  – 50937 Köln
(bei Kaluza/Westmeier klingeln)

Zum Mystikkreis Köln:
Wir treffen uns etwa ein Mal im Monat im Kölner Stadtteil Sülz, meist am ersten Sonntag des Monats. An diesen Sonntagen wird für beides Zeit sein – für stilles kontemplatives Sitzen und für das Studieren mystischer Texte & Themen sowie den gemeinsamen Austausch.

Der private Kurs ist auf 12 Teilnehmer beschränkt.
Kostenbeitrag für den ganzen Tag: 15,– Euro (+ ein freiwilliger Obolus für den Mittagstisch).
Kostenbeitrag nur für den Nachmittag: 10,– Euro.

Wir freuen uns auf Euer / Ihr Kommen

Rani www.doingnothing.de

und Werner https://mystikaktuell.wordpress.com/

 

Informationen auch hier: https://www.facebook.com/events/430138524301102/

Bedingungen eines einsamen Vogels

Foto: © wak

Der einsame Vogel hat fünf Eigenschaften:
die erste, dass er zum höchsten Punkt fliegt;
die zweite, dass er  keine Gesellschaft erträgt, auch wenn sie von seiner Art ist;
die dritte, dass den Schnabel in den Wind hält;
die vierte, dass er keine bestimmte Farbe hat;
die fünfte, dass er sehr leise singt.

Johannes vom Kreuz (1541-1591) in „Worte von Licht und Liebe“