Zurück in den göttlichen Urgrund

Foto: (c) wak

Im Zen ist diese Einheit Identität, die schon existiert, bevor man etwas davon weiß, und daher nur zum Bewusstein gebracht werden muss.

Im christlichen Bereich, so bei Eckhart, geht es um die Einheit des Menschen mit Gott; sie kann daher niemals bis zu einer Identität vorangetrieben werden. Aber Eckhart treibt sie soweit voran, wie es gerade noch möglich ist, ohne dass eine Identität behauptet wird.

Fragen wir, wo diese Einheit zwischen Gott und Mensch vollzogen wird, so antwortet Eckhart: Sie vollzieht sich im Seelengrunde, indem der Seelengrund in den göttlichen Urgrund eingeht. So wie das ewige Ich, das noch, bevor Seele und Leib mit ihm verbunden wurden, aus dem göttlichen Urgrund geboren wurde, so muss auch der Geist des Menschen in diesen göttlichen Urgrund zurückkehren.

Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898 – 1990)

Werbung

Grundstürzende Erneuerung

Foto: (c) wak

In Eckhart und seiner Schule hat sich nichts Geringeres vollzogen als die Geburt einer neuen Religion, eine völlige Umschöpfung des bisherigen christlichen Glaubens, zu der sich die lutherische Reformation verhält wie eine Erderschütterung zu einer geologischen Umbildung oder wie ein reinigendes und befruchtendes Gewitter zu einem irdischen Klimawechsel, der eine neue Fauna und Flora ins Leben ruft. Hätte diese Bewegung sich durchgesetzt, so wäre für Europa ein neues Weltalter angebrochen; sie ist aber von der Kirche unterdrückt worden, und dass dies so vollständig gelang, spricht weniger gegen die Kirche, die nur in ganz logischer Wahrung ihrer Interessen handelte, als gegen die europäische Menschheit, die offenbar für eine solche grundstürzende Erneuerung noch nicht reif war.

Egon Friedell (1878 – 1938) in: Kulturgeschichte der Neuzeit, München 1969, S. 162

Entdeckung der inneren Welt

Foto (c) wak

 

In seinem Grund … findet der Mensch den inneren Meister als das ‚Ziehen‘ und ‚Sich-Wenden` zu Gott, als Heiligen Geist (den Tauler viel ausdrücklicher nennt als Eckhart und Seuse). Dieser überformt den Menschen und vergottet ihn, zurück in den Ursprung, wo der Mensch von Ewigkeit „Gott in Gott” war.

Was dabei als ,Lauterkeit`, Bildlosigkeit‘, ,Weiselosigkeit‘ usw. beschrieben wird, weist übrigens in die Nähe jener ,Leerheit‘, wie sie im Mahayana-Buddhismus, auf dessen Hintergrund sich auch die Zen-Erfahrung ausspricht, als Kennzeichnung des Absoluten verstanden wird, d.h. ,bar jeder Bestimmung‘. Die von Tauler aufgezeigte eigentümliche Rolle der Verwirklichung des eigenen Nichts — im Nichts Gottes — kann hier ebenfalls nicht näher mit der entsprechenden Zen-Erfahrung verglichen werden. Sie ist für Tauler allerdings das wichtigste Moment auf dem Wege der Entdeckung der inneren Welt!

In diesem Vorgang der Vernichtung kommt der schmerzlichen Selbsterkenntnis sowie der Angst — dem ,Gejagtwerden‘, wie es Tauler wiederholt beschreibt — eine wesentliche Aufgabe zu, um den mystischen Durchbruch als Gottesgeburt im Menschen letztendlich zu ermöglichen. Dabei darf die Liebe als entscheidender Faktor nicht übersehen werden!

Emmanuel Jungclaussen (1927 -2018) in: Der Meister in dir. Die Entdeckung der inneren Welt nach Johannes Tauler. Freiburg / Br. 1975

Meister Eckharts Text liest Dich

Die Texte von Meister Eckhart bieten ein wunderbares Beispiel. In seinem Schreiben geht es nicht um das Göttliche. Es hat nichts von der Schlacke der soziologischen Reportage. Es ist nicht das Abbild eines Beobachters zweiter Ordnung. Es ist die lebendige, lebendige Sprache des Teilnehmers. In der zeitgenössischen Kultur hat die Beobachtung und ihre einfachen Ideologien die Partizipation und ihre Erforschung als primäre Art des Seins ersetzt. Die Texte von Eckhart sind verdichtet und gespannt. Du fängst an, Eckhart zu lesen und nach einer Weile wirst du feststellen, dass der Text dich liest.

John O’Donohue (1956 – 2008)

Aus göttlichem Urgrund geboren

Foto: © wak

Im Zen ist diese Einheit Identität, die schon existiert, bevor man etwas davon weiß, und daher nur zum Bewusstein gebracht werden muss.

Im christlichen Bereich, so bei Eckhart, geht es um die Einheit des Menschen mit Gott; sie kann daher niemals bis zu einer Identität vorangetrieben werden. Aber Eckhart treibt sie soweit voran, wie es gerade noch möglich ist, ohne dass eine Identität behauptet wird.

Fragen wir, wo diese Einheit zwischen Gott und Mensch vollzogen wird, so antwortet Eckhart: Sie vollzieht sich im Seelengrunde, indem der Seelengrund in den göttlichen Urgrund eingeht. So wie das ewige Ich, das noch, bevor Seele und Leib mit ihm verbunden wurden, aus dem göttlichen Urgrund geboren wurde, so muss auch der Geist des Menschen in diesen göttlichen Urgrund zurückkehren.

Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898 – 1990)

Leuchtende Finsternis

Foto: © wak

Das erste und vielleicht vorherrschende ist das Erwerben derjenigen Tugend, welche Eckhart über alle anderen stellt, und welche er so bezeichnend die Abgeschiedenheit heißt. In diese Abgeschiedenheit versenkt erlangt die Seele ihren eigenen Höhepunkt, erfährt sie ihre Einswerdung mit Gott, ihre vollkommene Gottung. In den weiten Mantel himmlischer Abendruhe und tiefster Windstille weich gehüllt, erlebt sie in dieser Versenkung ihre entscheidensten und ihre bedeutendsten Augenblicke: ein Allerletztes löst sich irgendwo in den Welt und legt sich still in ihre Tiefen. Sie denkt jetzt gedankenlos, sie schaut ohne Bilder, das Schweigen erklingt in ihr, und ihre Finsternis leuchtet.

Fedor Stepun (1884 – 1965) in: Die Tragödie des mystischen Bewußtseins. 1912

https://www.gleichsatz.de/b-u-t/can/sac/steppuhn.html

Einheit im Seelengrund

Im Zen ist diese Einheit Identität, die schon existiert, bevor man etwas davon weiß, und daher nur zum Bewusstein gebracht werden muss.

Im christlichen Bereich, so bei Eckhart, geht es um die Einheit des Menschen mit Gott; sie kann daher niemals bis zu einer Identität vorangetrieben werden. Aber Eckhart treibt sie soweit voran, wie es gerade noch möglich ist, ohne dass eine Identität behauptet wird.

Fragen wir, wo diese Einheit zwischen Gott und Mensch vollzogen wird, so antwortet Eckhart: Sie vollzieht sich im Seelengrunde, indem der Seelengrund in den göttlichen Urgrund eingeht. So wie das ewige Ich, das noch, bevor Seele und Leib mit ihm verbunden wurden, aus dem göttlichen Urgrund geboren wurde, so muss auch der Geist des Menschen in diesen göttlichen Urgrund zurückkehren.

Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898 – 1990)

Die Einheit zum Ziel

Jede Mystik hat die Einheit zum Ziel, nicht im Sinne eines theoretischen Wissens, sondern in ihrem unmittelbaren Erleben.

Im Zen ist diese Einheit Identität, die schon existiert, bevor man etwas davon weiß, und daher nur zum Bewusstein gebracht werden muss.

Im christlichen Bereich, so bei Eckhart, geht es um die Einheit des Menschen mit Gott; sie kann daher niemals bis zu einer Identität vorangetrieben werden. Aber Eckhart treibt sie soweit voran, wie es gerade noch möglich ist, ohne dass eine Identität behauptet wird.

Fragen wir, wo diese Einheit zwischen Gott und Mensch vollzogen wird, so antwortet Eckhart: Sie vollzieht sich im Seelengrunde, indem der Seelengrund in den göttlichen Urgrund eingeht. So wie das ewige Ich, das noch, bevor Seele und Leib mit ihm verbunden wurden, aus dem göttlichen Urgrund geboren wurde, so muss auch der Geist des Menschen in diesen göttlichen Urgrund zurückkehren.

Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898 – 1990)