In seinem inneren Grund angetrieben

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Alle Werke, die alle Menschen und Geschöpfe schufen oder die bis zum Ende der Welt geschaffen werden, das alles zusammen ist ein reines Nichts, wie groß das Werk auch sei, das man ausdenken oder verwirklichen mag, gegenüber dem geringsten, das von Gott in den Menschen gewirkt wird, damit der Mensch von Gott angetrieben werde. Um so viel mehr als Gott besser ist denn alle Geschöpfe, um so viel mehr überragt sein Wirken das Werk, die Handlungsweisen, das Vorhaben, die die Menschen mit all ihrer Anmaßung ausdenken können.

Nun kommt der Heilige Geist oft in den Menschen, mahnt und treibt ihn an in seinem inneren Grund oder auch durch die Lehrmeister, so als ob er spräche: „Lieber Mensch, wolltest du dich mir überlassen und mir allein voll und ganz folgen, so wollte ich dich auf den rechten Weg bringen; ich könnte in dir wirken und dich selber wirken.“

Johannes Tauler (1300 – 1361) in Predigt 45 / (Röm. 8, 14)

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Wolke des Nichtwissens zwischen dir und deinem Gott

Wolke des Nichtwissens und Brief persönlicher Führung. Anleitung zur Meditation. Neu übertragen und herausgegeben von Willi Massa.  Mit einem Geleitwort von Hugo M. Enomiya-Lassalle SJ. Freiburg/Br. 1999

Ich sprach von „Dunkelheit“ und „Wolke“. Glaube nicht, daß ich, weil ich von einer Dunkelheit oder Wolke spreche, eine Wolke meine, die aus Dunst geballt ist, wie er in der Luft schwebt, oder eine Dunkelheit, wie sie zur Nachtzeit bei dir zu Hause herrscht, wenn deine Kerze gelöscht ist. Denn eine solche Dunkelheit und Wolke kannst du mit der Vorstellungskraft und dem Verstand selbst am hellsten Sommertag vor deinem geistigen Auge sehen, nicht anders als du dir umgekehrt in der dunkelsten Winternacht ein helles, leuchtendes Licht vorstellen kannst. Solch ein Irrtum sei ferne von dir; so meine ich es nicht. Wenn ich nämlich „Dunkelheit“ sage, so meine ich einen Mangel an Wissen; so wie dir alles, was du nicht weißt oder vergessen hast, dunkel erscheint, weil du es nicht mit deinem geistigen Auge siehst. Aus diesem Grund wird die Wolke nicht eine Wolke der Luft, sondern eine „Wolke des Nichtwissens“ genannt, die sich zwischen dir und deinem Gott befindet.

„Wolke des Nichtwissens“, Ende des vierten Kapitels „Von der Kürze dieses Werks und von der Unmöglichkeit, durch geistige Wißbegierde oder die Tätigkeit der Vorstellungskraft zu diesem Werk zu gelangen.“

Gott zu suchen ist wie…

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Gott zu suchen ist, wie ein Netz durch das Wasser zu ziehen. Wenn du das Netz hinter dir herziehst, ist es schwer und voll Wasser, wenn du es jedoch einziehst, ist nichts darin. Wenn du Gott mit deinem Denken und Tun suchst, ist Gott in dir, sobald du ihn aber gefunden zu haben glaubst, innehälst und dich zufriedengibst, hast du ihn wieder verloren.

Fjodor Strachow (1861-1923) war Assistent und Freund von Leo Tolstoi

Lautlose Stille

Auguste Préault (1809 – 1879) Le Silence / Foto: (c) wak

Gebiete dir selber Schweigen
und halte die Blicke gesammelt,
damit die Stille
Einkehr bei dir halte!

Nur in der lautlosen Stille vernimmst
du das ewige Wort!

Bô Yin Râ / Joseph Anton Schneiderfranken (1876 – 1943) in: Buch der Königlichen Kunst

Unser innerstes Herz öffnen

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Schenke uns die Gabe,
dass wir Dich in der Stille hören,
denn Du wünschst Dir,
unser innerstes Herz zu öffnen.

Aus dem Gebet der Basilika Sacre Coeur auf dem Montmartre in Paris

https://www.sacre-coeur-montmartre.com/allemand/anbetung/article/gebet-der-basilika
https://www.sacre-coeur-montmartre.com/IMG/pdf/depliant_allemand.pdf

Wie das Selbst zum Ganzen wird

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Erkenne wenn ein Gedanke auftaucht.
Wenn er dir bewusst geworden ist,
wird er verschwinden.
Verdränge immerfort alles äußere.
Dann wird das Selbst zu einem Ganzen.

Aus der Tenpuku-Version des Fukanzazengi des Dogen Zenji (1200 – 1253)

Wird Christus tausendmal zu Bethlehem…

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Wird Christus tausendmal
zu Bethlehem geboren
Und nicht in dir,
du bleibst noch ewiglich verloren.

Angelus Silesius / Johannes Scheffler (1624–1677)
Cherubinischer Wandersmann, Erstes Buch, Nr. 61