Wo alle Dinge „daheim“ sind

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Im östlichen Geist ist etwas von einer großen Stille, ein Unstörbares, so als blicke er immer in die Ewigkeit. Diese Stille ist nicht die Abwesenheit vom Leben. Es ist vielmehr die Stille des Abgrundes der Ewigkeit, darin alle Dinge „daheim“ sind. Es ist wie das Schweigen Gottes, der tief in der Schau seines Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgreifendes Werkes in seiner Einheit und Allheit thront. Wer in dieser Stille Verwesung und Tod wittert, wird erstaunt sein über den überwältigenden Ausdruck an Aktivität, die aus diesem ewigen Schweigen hervorbrechen kann.

D.T. Suzuki in „Die große Befreiung“. Zitiert wird Suzuki von Karlfried Graf Dürckheim in „Zen und Wir“, Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe Bern / München / Wien, 1984, S. 85

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Dem Universum begegnen

Fotographik (c) wak

Wenn wir in unser Herz blicken und entdecken, was dort verwirrt und was klar ist, was bitter ist und was süß, dann finden wir nicht nur uns selbst. Wir begegnen dem Universum. Wenn wir den Buddha entdecken, der wir eigentlich sind, erkennen wir, dass alles im Universum ebenfalls Buddha ist. Wir kommen zu der Erkenntnis, dass alles und jedes erwacht ist. Alles ist gleichermaßen kostbar, heil und gut, und ebenso ist jedes einzelne Lebewesen kostbar, heil und gut.

Pema Chödrön (* 1936)

Ähnlich- und Einswerden mit Gott

Dionysius Areopagita (Darstellung frühes 11. Jh.) / wikimedia, gemeinfrei

So ist das mögliche Ähnlich- und Einswerden mit Gott also der Zweck der Hierarchie, und hierbei ist Gott selbst ihr unmittelbarer Lehrmeister; in jedem heiligen Wissen und Wirken unverwandt blickt sie zu Seiner göttlichsten Schönheit empor, immer gibt sie möglichst nur Sein Wesen im Nachbild wieder, vervollkommnet sie ihre Geweihten zu lautersten, fleckenlosen Spiegeln, die den göttlichen Strahl in sich so aufnehmen, wie er aus der heiligsten Quelle des Lichtes kommt. Von solchem Glanz erfüllt und geheiligt, lassen ihn diese Spiegel dann freudig über die nächstfolgenden Ordnungen leuchten, wie es den urgöttlichen Satzungen entspricht. Es ist ja weder den Trägern der heiligen Weihegewalt, noch den Empfängern solcher Weihen gestattet, irgendetwas zu wirken, was nicht den heiligen Anordnungen des Urhebers ihrer eigenen Weihe entspräche. Sie dürfen in keinem Widerspruch zu Ihm stehen, wenn sie Seinen vergöttlichenden Glanz begehren, mit geziemender Reinheit auf Ihn blicken, und dem Range gemäß, den jeder geheiligten Geister einnimmt, nach ihm sich umgestalten.

Theosophie (2) «Das Wesen der Hierarchie» von Dionysios Areopagita (6. Jh.). Hier: Der Zweck der Hierarchie

Weitere Zitate aus dem Text von Dionysios Areopagita finden sich in dem vollständigen Beitrag, der hier nachzulesen ist:

MAGISCHE BLÄTTER, BUCH X
CIII. Jahrgang, Juli 2022, Heft 7 / Thema: MATERIALIEN ZUM FILM

Bestellt werden kann die Ausgabe hier: kontakt@verlagmagischeblaetter.eu

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/publikationsreihe/magische-bl%C3%A4tter-buchreihe

Warte bis du in dich selber blickst

Rumi / Bild: Archiv

Warte, bis du in dich selber blickst –
Erkenne, was dort wächst.
O Suchender.
Ein Blatt in diesem Garten
Bedeutet mehr als alle Blätter,
Die im Paradies du findest!

Dschalal ad-Din Muhammad Rumi (1207 – 1273)

Die Verborgenheiten des heiligen Weges weitergeben

Hippolytus von Rom | Bild: Archiv

 

Jesus aber sprach: „Blicke, Vater,
auf dieses von Bösen verfolgte Wesen,
das auf der Erde umherirrt,
fern von deinem Geiste.
Sie sucht dem bitteren Chaos zu entfliehen,
und weiß nicht, wie sie hindurchkommen soll.
Deshalb sende mich, Vater!
Im Besitz der Siegel will ich hinabsteigen,
Alle Äonen will ich durchschreiten,
alle Geheimnisse will ich enthüllen,
und die Gestalten der Götter will ich zeigen.
Die Verborgenheiten des heiligen Weges
will ich, unter dem Namen Gnosis, weitergeben.

Aus dem gnostischen Naasener-Psalm. Überliefert durch Hippolytus von Rom († um 235)

Unendlich vollkommenes Auge

Foto: © wak

Da aber dein Blick Auge ist, das heißt lebendiger Spiegel, sieht er in sich alles. Ja, weil er der Grund alles Sichtbaren ist, umfasst und sieht er alles im Grunde und im Sinne von allem, das heißt in sich selbst. Dein Auge, Herr, nimmt ohne sich nach verschiedenen Richtungen zu wenden den Weg zu allem. Unser Auge wendet sich jeweils einem Gegenstande zu, und zwar deshalb, weil unser Blickvermögen nur in einem Winkel von begrenzter Größe sieht. Der Sehwinkel deines Auges aber, Gott, ist nicht so oder so groß, sondern unendlich; ist er doch auch ein Kreis, ja unendliche Kugel, weil dein Blick das gleichsam sphärische und das unendlich vollkommene Auge ist. Es blickt also alles sowohl im Umkreis wie aufwärts und abwärts zugleich.

Nikolaus von Kues (1401 – 1464) in: De visione Dei, 9,37,19

Den Menschen zum Aufstehen gebracht

 

Foto: © wak

O wie wunderbar ist doch die Vorausschau im Herzen der Gottes,
in der er jedes Geschöpf vorherwusste!
Denn Gott ins Antlitz des Menschen blickte,
den er geschaffen,
wurde er aller sein Werke
in jener unversehrten Menschengestalt gewahr.
O wie wunderbar ist diese Einhauchung,
die so den Menschenzum Aufstehen brachte!

Hildegard von Bingen (1098 – 1179)

Möge der Eros der Erde dich segnen

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Gesegnet sei dein Körper.
Mögest du erkennen, dass dein Körper ein schöner und treuer Freund deiner Seele ist.
Mögest du Frieden erfahren und Freude und erkennen, dass deine Sinne heilige Schwellen sind.
Mögest du erkennen, dass Heiligkeit achtsames Blicken ist, Fühlen, Hören und Berühren.
Mögen deine Sinne dich versammeln und heimführen.
Mögen deine Sinne dich immerdar befähigen, das Universum zu feiern und das Geheimnis und die Möglichkeiten deines Hierseins.
Möge der Eros der Erde dich segnen.

John O‘Donohoe (1956 – 2008) in: Anam Cara

Gefunden habe ich diese Gedanken hier: http://www.dunywood.de/html/keltic.html

Blick auf die ursprüngliche Gleichheit

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Seit die Habsucht den Adel der Natur zerstört hat und sich sogar des Gesetzes zur Förderung der Herrschaft des Stärkeren über die Schwachen bedienen kann, ist die Gleichheit des Menschengeschlechts zerstört. Du aber blick auf die ursprüngliche Gleichheit, nicht auf die schließliche Zerreißung.

Gregor von Nazianz (um 329 – 390)

Ohne Kommen, Bleiben und Gehen

Die Wurzel aller Phänomene ist dein eigener Geist. Untersuchst du ihn nicht, jagt er – genial im Spiel der Täuschung – den Eindrücken hinterher. Blickst du jedoch direkt in ihn hinein, ist er bodenlos und ohne Ursprung. Seiner Essenz nach ohne Kommen, Bleiben und Gehen.

Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö  [Dzongsar Khyentse Chökyi Lodrö] (1896 – 1959)