Mitgefühl zerreißt die Blase des Ich

Cover des Buches

Wenn du nicht in der Blase der Selbstbezogenheit gefangen bist und nicht immer alles auf dich beziehst, dann hört dein Ich auf, sich bedroht zu fühlen. Du hast nicht mehr ständig das Gefühl, dich verteidigen zu müssen, du bist weniger ängstlich, und du machst dir nicht dauernd Sorgen um dich. Je mehr dieses Gefühl der Verunsicherung schwindet, desto mehr zerfallen die Mauern, die das Ich um sich herum errichtet hatte. Du wirst leichter zugänglich für andere, und du bist bereit, zu ihrem Wohl zu handeln. Das Mitgefühl zerreißt die Blase des Ich.

Matthieu Ricard (*1946)

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Worte göttlichen Ursprungs

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Fünf Züge, die Worte göttlichen Ursprunges von anderen unterscheiden

Göttliche Auditionen drücken ihren Sinn so klar aus und machen auf das Gedächtnis einen so tiefen Eindruck, daß man nicht die kleinste Silbe vergessen kann; wohingegen die, die aus unserer Einbildungskraft stammen, in keiner Weise diese Klarheit besitzen. Sie erinnern irgendwie an Worte, die man im Traume gehört hat.

Sie werden oft vernommen, wenn wir gar nicht an den Gegenstand, auf den sie sich beziehen, denken; und manchmal sogar, wenn wir uns über andere Sachen unterhalten. Außerdem können sie sich auf Ideen beziehen, die unseren Geist nur kreuzen, oder auf schon vergangene Ideen, oder auf Sachen, an die wir nie gedacht haben.

Die Seele hört den von Gott kommenden Worten nur zu, während sie selbst die aus der Einbildung kommenden bildet.

Eine einzige dieser göttlichen Äußerungen drückt in ein paar Worten aus, was unser Geist nur in vielen ausdrücken könnte.

Göttliche Worte besitzen (auf eine Weise, die zu beschreiben sie nicht imstande ist) mehrere Bedeutungen außer der durch ihren Klang ausgedrückten.

James H. Leuba (1868 – 1946) fasst die Aussagen der Teresa von Avila (1515 – 1582) aus „Die innere Burg“ (Die sechste Wohnung, Drittes Kapitel) in seinem Buch „Die Psychologie der Religiösen Mystik“, Berlin / Heidelberg 1927 wie oben beschrieben zusammen.

Mit allen Wesen in Frieden leben

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Eine ganzheitliche Spiritualität bezieht den Körper in unseren inneren und äußeren Entwicklungsprozess ein. Sie verbindet ihn mit dem Geist durch Gebet, Meditation, spirituelle Gesänge, Liturgien, spirituelles Lesen, Yoga, diverse Kampfünste, Laufen, Wandern oder den Aufenthalt in der freien Natur. Gleichzeitig liefert eine ganzheitliche Spiritualität den „Input“, den Kunst, Musik und Dichtung zu unserem spirituellen Leben beitragen können. Eine vollständige Spiritualität wird durch diese kreativen Wege bereichert und steht auch in enger Verbindung zur Natur. Sie sorgt dafür, dass wir mit allen Wesen in Frieden leben.

Wayne Teasdale (1945 – 2004) in: Das mystische Herz. Spirituelle Brücken bauen. 2004, o.O., S. 286

Das Diesseits besiegen ohne ins Jenseits zu flüchten

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Wenn wir aufgehört haben, unser inneres Leben auf Gott zu beziehen, dann können wir uns zu ebenso wirksamen Ekstasen erheben wie die Mystiker und wie diese das Diesseits besiegen, aber ohne in das Jenseits zu flüchten. Sollte uns dennoch die Obsession einer anderen Welt verfolgen, dann würden wir uns eine konstruieren dürfen, uns eine Gelegenheitswelt entwerfen, und sei es nur, um unser Bedürfnis nach dem Unsichtbaren zu befriedigen. Was zählt, sind einzig unsere Erlebnisse, ihre Intensität und ihre Kräfte, die uns zum Beispiel instandsetzen, uns in eine nichtsakrale Tollheit zu stürzen.

Emil M. Cioran (1911 – 1995) in: Dasein als Versuchung. Stuttgart 1983, S. 181

Bô Yin Râ über Gustav Meyrink

Man wird dem Gesamtwerk des dahingegangenen Dichters nur dann gerecht, wenn man die in seinen Romanen und Erzählungen stofflich mitverwendeten Lehren nur auf die Gestalten bezieht, denen er diese Lehren in den Mund legt. Er selbst aber wollte sich niemals etwa als Lehrer okkulter oder mystischer Anschauungen, sondern als freier Künstler beurteilt sehen, dem jede Stoffbenützung erlaubt ist, durch die er in künstlerischer Gestaltung sein Werk bereichern kann.

Aus „Im Spiegel“ von Bô Yin Râ Erschienen in: Magische Blätter, XIV. Jahrgang, S. 44 – 47, Richard Hummel Verlag, Leipzig, 1933

 Jetzt aktuell nachzulesen in: Magische Blätter. Monatsschrift für geistige Lebensgestaltung.CI. Jahrgang, Mai 2020, Heft 4, S. 36

Mehr hier: https://verlagmagischeblaetter.eu/

Unteilbar, unbeweglich, unveränderlich

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Vollkommene Reinheit muß durch die unteilbare Einheit vom Methode und Weisheit erzielt werden, die in der … Silbe hung – sie bedeutet Unteilbarkeit – symbolisiert wird. Im Sutra-System bezieht sich die Unteilbarkeit vom Methode und Weisheit auf Weisheit, die durch Methode, und Methode, die durch Weisheit beeinflußt ist. Im Mantra- oder Tantra-Fahrzeug bezieht sie sich auf ein Bewußtsein, in welchem die volle Form von Weisheit und Methode als einer unteilbaren Wesenheit gegeben ist. Im System der Wurzelsilben für die fünf Sieger-Buddhas ist hung die Wurzelsilbe des Aksobhya – des Unbeweglichen, Unveränderlichen, der durch nichts gestört werden kann

Tenzin Gyatso (* 1935)