Nichts anderes wollen und begehren

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Wenn ein starkes Gewitter in einem aufsteht, sollte sich der Mensch geradeso benehmen, wie die Leute tun, wenn ein Wetter heraufkommt, Regen und Hagel: sie fliehen unter ein Dach und warten, bis das Unwetter vorbei ist.
Geradeso soll sich der Mensch verhalten, wenn er aufrichtig in sich befindet, dass er nichts anderes will noch begehrt, ausser was Gottes ist.

Johannes Tauler (1300 – 1361)

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In Christus und in dir

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Die Meister sagen, dass die menschliche Natur mit der Zeit nichts zu tun habe und dass sie ganz und gar unberührbar sei und dem Menschen viel inniger und näher sei als er sich selbst. Und darum nahm Gott menschliche Natur an und eignete sie seiner Person. Da ward menschliche Natur zu Gott, weil er bloß menschliche Natur und keinen Menschen annahm. Willst du also selber Christus sein und Gott sein, so geh von alledemm ab, was das ewige Wort sich nicht angenommen hat. Das ewige Wort nahm keinen Menschen an sich: Darum geh ab von dem, was Mensch an dir ist und was du bist, und benimm dich bloß nach menschlicher Natur, so bist du dasselbe an dem ewigen Worte, was menschliche Natur an ihm ist. Denn deine menschliche Natur und seine hat keinen Unterschied: sie ist eins; denn was sie in Christus ist, das ist sie in dir.

Meister Eckharts Mystische Schriften. In unsere Sprache übertragen von Gustav Landauer. Berlin 21920, S. 131

Wer hat ihn geschaut?

Wie kann man erkennen, dass jemand ihn geschaut hat? Wer ihn geschaut hat, besitzt vier Merkmale. Erstens, er hat die Gefühle eines kleinen Jungen; zweitens, er benimmt sich wie ein Unhold; drittens, er ist bewegungslos wie ein Ding; viertens, er verhält sich wie ein Narr. Wer ihn geschaut hat, fühlt sich wie ein kleiner Junge. Er ist jenseits aller festen Verhaltensweisen, er fühlt sich an keine gebunden. Dann macht er keinen Unterschied zwischen Heiligem und Unheiligem – wie ein Unhold. Dann lacht er einmal und weint dann wieder, wie ein Narr; manchmal ist er wie ein Herr gekleidet, kurz darauf läuft er, seine Kleider unterm Arm, nackt umher, wie ein Verrückter. Manchmal sitzt er auch nur stumm da wie ein Ding.

Ramakrishna (1836-1886)